Was soll man schon schreiben, hm?
Zu später Stunde - dann, wenn die Gedanken wieder anfangen, astronomische Umlaufbahnen zu ziehen, um ein System im Nichts zu erschaffen.
Das Nichts, welches einen tagsüber begleitet. Wo man funktioniert, lächelt und auf den Abend mit dem Sternenhimmel und den Umlaufbahnen wartet.
Aber nicht nur die Arbeit ist monoton. Auch das "danach". Das, was man als "Freizeit" bezeichnet, verliert sich in einem Sumpf aus Unmotiviertheit und unfassbarer Zeitverschwendung. Der rettende Halm, an dem man sich, mit aller Kraft - und das muss man betonen! - rausziehen muss, um nicht an der grauen Brühe des Alltags zu ersticken, erscheint unendlich weit.
Ein kompletter Neuanfang muss her. Allunfassend, unwiderruflich.
Mit all den guten Dingen, die in den durchwanderten Lebensetappen hinter mir lagen. Die beschwerenden, unnötigen Sachen ablegend, kann man nur hoffen, dass es sich lohnt.
Man ist klar genug, um zu wissen, dass es gute, erheiternde Momente im Leben gibt, aber auch schlechte, depremierende. Die letzteren kann man nur durchbrechen, in dem man sich stets, immer und immer wieder ins Gedächnis ruft, dass es nur eine Phase ist. "Optimistisches Denken", heißt das wohl, hm?
Diese Krankheit möchte ich mir aneignen. Dabei aber sicherlich nicht in ein Traumland mit Straßen aus Zucker gleiten.
Es wirkt wie ein Drahtseilakt. Ein Schritt daneben, eine Unüberlegtheit und man landet nach hartem Aufschlag mit inneren Verletzungen wieder im Sumpf. Der Halm weit entfernt.
Wenn ich reisen will, dann reise ich. Wenn ich auf ein Konzert will, dann gehe ich. Und wenn ich für mich sein will, dann soll es so sein. Ohne Rücksicht auf Geld. Die Zeit kommt nicht wieder.
Heißt : Mehr Konzerte, mehr (Spontan)Reisen. Mehr von allem. Mehr Einwände bei kranken, humanistischen Wertevorstellungen (a la : "Tod von Kinderschändern", "Scheiß Griechen" und und und...), mehr Gegenhalten bei intolerantem Verhalten (Im Zug : "Red' Deutsch, du verdammter Asylant!") und bei alteingesessenen, unnützen Werten ("Zieh die Mütze beim Essen ab!", "Hände aus der Tasche!"). Fuck you!
Ich habe das Gefühl, ich müsste schreien. Jeden Tag. Einfach nur schreien. Und dennoch wüsste ich, dass es niemand verstehen würde. Ich lese soviel über die Anfänge unserer Republik und die dortige Verfolgung von Oppositionellen, - das lesen fällt mir schwer beim Kopf schütteln. Ich treffe immer wieder Jugendliche, die mit Hass gegenüber anderen Bevölkerungsschichten auffahren und denke mir, die Zeiten von solchen Denkweisen sollten doch vorbei sein. Unsägliche Enttäuchung der Jugend gegenüber.
Mich überkommt stets das Gefühl, unbeweglich, unfrei und hilflos zu sein. Und ständig prasselt ein Artilleriegewitter aus Unmenschlichkeiten, Ungerechtigkeiten, Alltagsrassismus, "großer" Politik, Hass und die verdammte Untätigkeit der Bevölkerung auf die hilflose Seele und verwandelt mein Innerstes in ein aufgewühltes Schlachtfeld mit Kratern, in dem man nur noch Deckung suchen kann. Was kann man denn schon bewirken, in dem ganzen Wahnsinn hier? Nur noch etwas suchen, das einem gehört und sich ein Refugium schaffen, in dieser kahlgebombten, eisigen Welt.
Und dann überkommt einem wieder das Gefühl, dass man aufgegeben hat. Eine Kapitulation vor den eigenen Werten. Für mich wohl das schlimmste - zur Zeit - was einem passieren kann.
Schreien, mehr bleibt nicht. Um nicht durchzudrehen, nicht verrückt zu werden, in dieser Gesellschaft. Die Wut auf das aufrichtige, bürgerliche Leben in einer Kultur mit verlogenem und widerlichem Jahrmarktsglanz bringt einem förmlich dazu, zu schreien. Der Würgereiz beim Anblick derer, die in Ihr Leben nach großen Autos trachten, um dem Nachbarn zu gefallen. Schreien. Ich will noch mehr schreiben, noch mehr schreien. Die Müdigkeit missbilligt mir jedoch, ordentliche und vorallem zusammenhängende Gedankenwege zu beschreiten.
Unter all den Umständen wird es mir verdammt schwer gemacht, einen Neustart durchzuführen.
Ich bin wütend, auf alles. Auf mich.
Logik tötet Emotionen. Optimistisches Denken, hm?
Wie auch immer... es wird Zeit.
Arsch hoch, hm?
Squalloscope - Domino from anna kohlweis on Vimeo.
2 Kommentare:
Wunderschön geschrieben, Mr. K.!
Und ich weiß genau wovon du redest.
Einerseits der ewige Trott ("Und das soll jetzt die beste Zeit meines Lebens sein oder was?"). Tag um Tag vergeht und ändern tut sich nichts. Der Tag heute war wie der Tag gestern, war wie der Tag vor nem Monat, war wie der Tag etc. Und die Sehnsucht daraus auszubrechen. Und dann, weil man zu faul ist, sucht man sich Ausflüchte ("doch nicht bei dem Wettter; ich hab grad eh kein Geld; ich muss lernen; ich muss mal wieder putzen...") und besser wirds nicht. Und das Studium machts übrigens auch nicht viel besser, muss ich gestehen. Jetzt hab ich Ferien und verbringe 22 von 24h in meinem Bett vorm Laptop und tue irgendwie nichts. Elan das zu machen, was ich mir im Semester für die Ferien vorgenommen hab, finde ich auch nicht. Ich schiebs dann immer aufs Wetter. Aber so weiter gehen kann das eigentlich auch nicht.
Und der andere Punkt: Das Gefühl der Hilflosigkeit in unserem System, in unserer Gesellschaft und nicht zuletzt als Teil unserer Politik, denn der Bürger ist nunmal das Wichtigste in einer Demokratie, auch wenn das nich den Anschein haben mag. Ich sag dir eins: Je tiefer man in der Materie steckt (ich studier das ja nun [leider?]), desto deprimierender wird es. Ich hab für meinen Teil da etwas gefunden, was mir ziemlich hilft. Ohne jetzt hier Werbung machen zu wollen oder whatever, just sain', ich hab mich die letzten Wochen eingehend mit den Piraten auseinandergesetzt und hab tatsächlich das Gefühl, durch sie noch etwas ändern zu können. Der Weg wird hart und steinig, aber von den anderen alten Säcken erwarte ich einfach nichts anderes als Stagnation und verkommene Wertevorstellungen. Ich stimme zwar nicht mit allen Punkten der Piraten überein, aber sehrwohl genug um mich festlegen zu können. Nicht zuletzt auch, um die alten Säcke daoben, die über unsere Köpfe hinweg entscheiden, mal ins Knie zu ficken. Ich denke sogar über einen Partei-Eintritt nach (kann man sich das vorstellen?), warte aber noch ab, ob das von mir nicht auch nur sone überschwingliche Phase ist. Wer weiß.
Ich weiß was du meinst, wenn du schreien willst. Schreien hilft übrigens auch, zumindest emotinal. Jetzt nicht gesamtsituationsmäßig aber, doch schon. Wir sollten uns mal treffen, in den Wald gehen, und uns die Seele ausm Leib schreien. Und Alkohol.
Lieber Mr. K., ein Neuanfang wird nicht alles besser machen können, aber wenigstens wärst du mit deiner, und ich mit meiner, Lethargie nicht mehr so alleine. Im Zweifelsfall kann man auch gemeinsam lethargisch sein.
You're damn right!
http://putitinpoetry.blogspot.de/
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